Von der Revormation bis zum Aussterben der Bessere


V. Abschnitt.

Von der Reformation bis zum Aussterben der Bessere

Über die Reformationszeit findet man nirgends Schriftstücke.
Ebenso ist die Reihe der Predikanten während der Zeit da Sch. evangelisch war, bekannt.

1601

Als Besitzer des Reichslehens Beuren empfangen die Besserer einen Lehensbrief Kaiser Rudolf II., der für die Brüder Eitel Hans und Eitel Hyronimus über Güter, Hof und 4 Sölden und Rechte zu 'Beuren ausgestellt ist.
Nochmals wird ein Ausgleich betreff gerichtlicher Zugehörigkeit nötig. Ein Vertrag zwischen den Inhabern der Grafschaft Kirchberg und Eitel Hans und Eitel Hyronimus Besserer zu Schnürpflingen wegen der Gerichtsbarkeit auf einem neuerbauten Häuschen zu Beuren außerhalb des Etters, trägt das Datum vom 3.10.1607

1613

wird von Kaiser Matthias zu Regensburg dem Eitel Hans und Eitel Hyronimus Besserer zu Schnürpflingen das von Kaiser Maximilian II. durch den 24.70 1576 erteilte Schutzprivileg gegen die Juden neu bestätigt.

1620

empfangen dieselben einen Lehensbrief gleichen Inhalts wie 1601 von Kaiser Ferdinand II.

1630

Um das Jahr 1630 erscheinen ebenfalls als Besitzer von Schnürpflingen.
die von Berlichingen. Diese kamen durch Einheirat in den Ort. Die Anna Regina von Berlichingen war eine geborene Besserer von Schnürpflingen.

1659

2. Dezember, unter diesem Datum findet sich ein Vergleichsrecept.
Es betrifft die künftige Kaufsumme des Anteils der Besserer an dem frei, eigenen, adligen Rittergut Schnürpflingen zwischen Hans Wilhelm von Borsch und seiner Frau Mutter Anna Rosina von Schlirba, gebe von Wollwarth Witwe und Johann Hoffmann Obrist Leutnant, im Namen seiner lieben Hausfrau Maria Margaretha, geb. von Wollwarth und Gottfried Eberhard Besserer von und zu Schnürpflingen und Schnaitheim." Eberhard Besgerer verpflichtet sich, an seine Basen über kurz oder lang den Anteil an Schnürpflingen zuerst abzugeben und zu billigem Wert.
Von diesem Vertrag muß Graf Albert Fugger gehört haben und er verwahrt sich dagegen. In einem Schreiben an den Prälat in Wiblingen schreibt er:

1660

Daß aber andere und zwar Lutherische diese Güter affectieren und darauf kommen sollen, sind dieses lähre ainbildungen und lather Thräume, und gesetzt, daß ein oder anderer Lutheraner solche Güther kaufen sollte, so gebührt mir doch dabei das Jus retractus " (Wttbgschs Staatsarchiv Fasz .1', -597)

1662

Graf Albrecht Fugger muß mit seinem Protest Erfolg gehabt haben, denn vom 5.6.1662 stammt eine Obligation des Grafen Albrecht Fugger über 5000 fl als Schuldrest an dem Kaufschilling von 6000 fl samt 100 fl Leihkauf für das adelige Gut und Dorf Schnürpflingen, welches er von Anna Margaretha Aiblinger und
der Witwe Maria Jacobea von Neuhausen, beide geborene von Berlichingen käuflich erworben. (Fürstl. und Gräfl. Fuggersches F.ugST. Archiv Sign. 221,1)

1669

Am 10. Juli 1669 starb Gottfried Eberhard Besserer von Schnürpflingen und Beuren. Dieser Gottfried Eberhard Besserer war zum katholischen Glauben übergetreten. Da Schnürpflingen bereits verkauft war, hatte er nur noch sein Reichslehen zu Beuren. Güter, Hof und 4 Sölden und Rechte zu Beuren.

1686

verleiht Leopold I. dieselben Güter und Rechte zu Beuren den Vormünden der Söhne des Gottfried Eberhard Besserer.

1694

Am 12.8. verkauft jedoch Johann Phillip Besserer, Sohn des Gottfried Eberhard Besserer" sein Reichslehensgütlein in dem Weiler Beuren um 2000 fl an den Abt von Wiblingen. Doch bleibt es nicht bei Wiblingen. Wie und wann es fuggerisch wird, ist nicht zu ersehen, doch belehnt 1766 Kaiser Josef II. Joh. Nepomuk
Fugger und Agnaten damit. (Fürst. U.Gräfl. Fuggersches FTU.St. Archiv Sign. 221,1 - 219,3,-214,3)
Mit dem Verkauf Beurens haben die Besserer ihren letzten, Besitz in Schnürpflingen verloren. Über das weitere Schicksal der Besserer von Schnürpflingen ist nichts mehr bekannt.
Zusammenfassend sei die Geschichte der Besserer wiedergegeben, wie sie Pfarrer Gustav Merk in den Familiengeschichtlichen Blättern veröffentlicht hat.



Zur Geschichte der Besserer in Schnürpflingen

Schnürpflingen an der Weihung im württembergischen Oberamt Laupheim nannte ein adeliges Geschlecht sein eigen, das sich Besserer von Schnürpflingen nannte. Es entstammte der Familie des Otto Besserers, Sohn des Ulmer Stadtrechners Heinrich Besserer. Der Liber manualis ad usum et informationem parochi Scbnürpflingani von 1776 besagt, daß nach einer Mauerinschrift auf der Epistelseite des Hochaltars in der Kirche zu Schnürpflingen Otto Besserer und seine Hausfrau Adelheid Streiterin im Jahre 1356 gestorben wären. Er solle der Stifter der Kirche daselbst gewesen sein.
Nach einer anderen Inschrift an der Kirchenmauer auf der Evangelienseite starb 1614, den l, April zwischen l2 und 1 Uhr die, edle Frau Anna Maria Besserin von Schnürpflingen, geborene Deuflin von Bürksee zu Schwarzfeld, ihres Alters 9 Tag weniger als vierzig zwei Jahr, dero der allmächtige Gott gnädig seyn wolle
und ,am jüngsten Tag mit allen christgläubigen seelen ein fröhlich auferstehung zu besitzug ewiger freid und seligkeit verleihen wolle.

"Ob ich wandle im finsteren ThaI,
fürcht ich kein unglück überal,
weil ich Herr christe habe dich,
dein stab und stecken tröste mich.“


Dieser Grabstein lag aber später auf der Besserschen Gruft in der Kirche. Am 7.Mai 1784 ließ dieselbe der Pfarrherr Franz Josef Dilger in Schnürpflingen vor Beginn der Kirchenrenovation öffnen, um sich zu vergewissern, ob dieselbe die vorzunehmende Vergrößerung der Kirche aushalte. Sie befand sich damals im Chor der Kirche; eine gute steinerne Treppe führte zu derselben hinab. Jetzt befindet sie sich nach dem Neubau der Kirche 1885 ein Stück hinter dem linken Seitenaltar und der Zugang zu derselben unter den ersten Kirchenstühlen ist durch einen alten breiten Stein kenntlich gemacht In der Länge mißt sie 13 Schuh 4 1/2 Zoll und ist 10 Schuh breit und 7 Schuh hoch. im ganzen barg. sie 1784 sieben damals schon zum Teil ganz verfaulte Särge, wovon heute nur noch Überreste vorhanden seien. Bis zum Jahre 1784 habe man in Schnürpflingen nur soviel gewußt daß eine Gruft in der Kirche sei, aber nicht wo, und die meisten Leute haben geglaubt, daß sie sich im Langhaus befinde.
Als ältestes bekannte Glied der Familie Besserer in Schnürpflingen tritt uns Ulrich Besserer, Bürger zu Ulm entgegen in dem am 7.Mai 1435 erfolgten Lehenskauf des Groß- und Kleinzehnten von Schnürpflingen und Beuren für die Pfarrei und Kirche zu Schnürpflien um 120 fl. Das Verzeichnis der Besserschen Lehensgüter zu Beuren führt auf, das Haus und zwei Gärten des Jakob Hönlin mit 38 Jauchert Ackr 15 Tagwerk Wiesen und 2 Hölzern, ferner Haus und Stadel des Konrad Aublin mit Garten, 7 1/2 Jauchert Acker und 5. Tagwerk Wiesen, Hofstatt und Garten des Jacob Schmid mit 4 Jauchert Acker und 1 Tagwerk Wiesen, Hofstatt und Gärtlein des Michael Baader, Hofstatt und Garten des Hans Konamann, mit 4 Jauchert Äcker und 1 Tagwerk Wiesen, Hofstatt und Garten des Hans Mayer mit 4 Jauchert Acker und 3 Tagwerk Wiesen, eine halbe Hofstatt und eine halben Garten des Jacob Kaufmann, während die andere Hälfte dem Grafen von Kirchberg gehörte.
Nach den Pfarrbüchern werden in Schnürpflingen zwei Schlösser aufgeführt und daraus schloß man, daß 2 Brüder Besserer dase1bst gewesen sein sollen. Urkunden und Akten aber schweigen hierüber. Nur soviel ist gewiß, daß zur Zeit der Reformation der Flecken Schnürpflingen dem Eitel Hans Besserer (1557)
zugehörte und bei dem Versuch der Durchführung des Restitutionsedikts durch den Grafen Hans Ernst Fugger von Kirchberg im Jahre 1630 die Witwe des Hieronymus Besserer; Maria Amalia, geborene von Aurbach und Hieronymus Christophorus von Berllichingen mit seiner Gemahlin in Schnürpflingen Sitz und Wohnung hatten. Die angestrebte Gegenreformation hatte aber keinen Bestand. Die Ulmer Verwandten der Amalie von Besserer .und Christoph von Berlichingen erhoben dagegen Einspruch und der neue katholische, von der Fugger= Kirchbergischen Kommission eingeführte Pfarrer Michael Hörlin wurde von den Schweden vertrieben und die Pfarrei Schnürpflingen blieb lange Zeit ohne jeglichen Geistlichen weder des einen, noch des anderen Bekenntnisses.

Die Besserer aber seien nach Ulm gezogen. Nach dem Westfälischen Frieden verkauften die Besserer Schnürpflingen an das Kloster Wiblingen, von da kam es an Albert Fugger, den Sohn des Hans Ernst Fugger von Kirchberg. lm Jahre 1657 gelang es Albert seinen Plan durchzuführen, Schnürpflingen wieder dem alten Glauben zuzuführen. Die Einwohner wurden vertrieben und eher ließen sie ihre Habe zurück, als vom lutherischen Bekenntnis abzugehen.
Für die früheren Einwohner, die sich in benachbarten Orten, wie Oberholzheim und Ehingen niederließen, kamen von 1664 an hauptsächlich Schweizer, Tiroler, Österreicher, Bayern und wurden zu Kirchberg= Fuggerischen Untertanen an = und aufgenommen. (Zum Beispiel der Name Jans und Isser ist schweizerischer Herkunft.
1772 wird der Bauer Gabriel Jans noch als der Schweizersbauer bezeichnet. Ebenso erinnern viele andere Namen wie z.B. Paulmaier, Obermaier, Ziesel, Nothelfer, Regenbogen etc. an die bayrische, bezw. tirolerische Herkunft. -Anm. d. Verf.) In der Folgezeit erscheint nur ein katholisches Glied der Besserer, Gottfried Eberhard Besserer von Schnürpflingen und Beuren mit seiner Ehefrau Margaretha Bessererin de Beyren. Nach dem Taufbuch III nannte er sich Besserer a’ Schneitten. Es wurden ihm zu einer Zeit, da in Schnürpflingen kein Pfarrer war, in Steinberg, dessen Pfarrer Jacob Mundig Schnürpflingen versah, folgende Kinder getauft:
1664 März 7 Gabriel Besserer de Schnürpflingen
1666 Juni 13 Conradus von dem Pfarrer Christian Schwarzmann in Schnürpflinen
1668 April 21 Johann.Phillip Besserer
1670 Januar 5 Anna Besserer
Über den Lebensgang dieser Bessersehen Abkömmlinge ist aus den Kirchenbüchern nichts zu ersehen. (Anmerkung des Verfassers:Laut Fürstl. Gräfl. Fuggerschen F.u.St. Archiv Sign. 219,3- siehe unter 1694, muß der 3. Sohn des Gottfried Eberhard Besserer, Johann Phillip Besserer der Erbe der noch vorhanden Güter sein, da er diese im Jahre 1694 verkauft.) Der Vater Gottfried Eberhard Dominus in Schnürpflingen et Beyren starb sm 10. Juli 1669 und wurde in der Gruft beigesetzt. Seine am 13. März 1691 verstorbene Gemahlin Margaritha fand neben ihm die letzte ruhestätte.
Die von Gottfried Eberhard Besserer gestiftete Jahrzeit soll jedjährlich am 13. August mit Vigil, Nocturn und Vesper an der Gruft mit 3 Priestern gefeiert werden.

Der Chronist Dilger von Schnürpflingen berichtet, daß ihm ein angesehener alter Mann der Pfarrei versichert habe, eine Person aus der Familie der Besserer gekannt zu haben. dieselbe sei in dem von Konrad Kiechle in Beuren bewohnten Hause gewesen und habe an Kleidung und Lebensaufwand bäuerlich Bund ärmlich gelebt. Sonst habe er auch von seinen Eltern nie über die Besserer erzählen hören.
Über die Zeit, da Schn. evangelisch war, kann man nichts in Erfahrung bringen. Auch über die Zahl und Reihenfolge der Prädikanten läßt sich nichts sagen. Nur einer unter ihnen machte von sich reden. Es war der Prädikant Thomas Veit der 5 Jahre lang im Ort war und im Jahre 1622, nachdem er vom evangelischen Glauben abgefallen war, ein Buch schrieb mit dem Titel: Laquei Lutherani. Pfarrer Dilger weiß darüber folgendes zu erzählen:
Thomas Veit bereitete seine Bekehrung ganz im Geheimem vor, so dass niemand etwas ahnte. Er wurde vom Abt Franz von Wiblingen unterwiesen. Außerdem wurde er noch von dem Jesuiten Laurentius Forerus unterrichtet worden. Es wird erzählt, daß er öfters mehr des Weines voll als der Unterweisung aus dem Kloster Wiblingen zurückkam. Im Jahre 1621 schwor er dann dem lutherischen Glauben
ab und ging mit seiner Frau nach Dillingen, wo er bei Bischof Heinrich von Augsburg als Kanzleimitglied Unterschlupf fand.
Die Wohnung des Prädikanten sei in einem Kornspeicher gewesen und hieß noch zur Zeit seines Vorgängers, des Pfarrers Jakob Stempfl (19.März 1733 - +29.2.1764) "dz predikamten stüble".
Pfarrer Stempfl ließ aber das Haus niederreißen. (Pfarrbuch 111, S.147,Schnürpflingen)
Der erste Versuch der Gegenreformation wurde im Jahre 1630 durch den Grafen Ernst Fugger gemacht. Lassen wir jetzt wieder Gustav Merk erzählen, der an Hand der Pfarrbücher in den Württembergischen Vierteljahresheften NF Jg. 1918, 8.124 ff. einen Aufsatz Veröffentlicht hat, unter dem Titel "Die Gegenreformation und das Ende der Besserer."

Die Gegenreformation und das Ende der Besserer.

Der erste Versuch der Restitution des alten Bekenntnisses zu Schnürpflingen wurde laut Instrument (Abschrift im Pfarrbuch 111, Schnürpflingen) des Notars Andreas Faber, Bürgers zu Augsburg und Fuggerscher Obervogt der Herrschaft Brandenburg, am Sonntag den 1. September 1630, .gemacht. Im Auftrage des Grafen Ernst Fugger zu Kirchberg und Weißenhorn hatten die Fuggerschen Räte Marx Lutzenberger und Raymund Murer. als Kommissäre des Erzherzogs Ferdinand von Österreich, die Kapitelsdekane von Ehingen und Laupheim Dr. theol Hildenbrand, Pfarrer von Griesingen und Jakob Abbt, Pfarrer von Rißtissen als bischöfliche Kommissäre mit zwei Zeugen das Werk zu vollbringen. Am 31.August ließ man an die Witwe Maria Amalie Besserer von Schnürpflingen, geb., von Aurbach und dem Hieronymus Christoph, von Berlichingen, oder in seiner Abwesenheit seiner Ehefrau Anna Regina gegen Bescheinigung von Kirchberg ein Schreiben zugehen mit der Aufforderung, ihre Untertanen alt und jung, Manns= und Weibspersonen, Knecht und Mägde anzuhalten, am Sonntag 1.September neuen Kalenders, morgens 7 Uhr auf dem Platz vor der Kirche zu erscheinen, den gräflichen Befehl zur Reformation anzunehmen und zu befolgen. und gegen den neuen Pfarrherrn sich so zu bequemen, daß man keine Ursache habe, sich zu. beklagen. Weiter wird verlangt, daß die seit der Abstellung der alten wahren katholischen Kirche und Einführung des lutherischen Irrtums vorhandenen Kirchenparamente, Kelche, Messgewänder Kreuz und Fahnen, auch andere Ornamente in der Gerichtsherrschaft Schnürpflingen unweigerlich nach Kirchberg, in das Amtshaus geliefert werden sollen, damit sie dem von den Bischöflich- konstanzschen .Kommissären bestellten Pfarrer und katholischen Priester eingehändigt und übergeben werden können. Weil Hieronymus von Berlichingen nicht anwesend war, beratschlagten sich die beiden Frauen ,und sandten ihren Vogt Thomas Meyerhauser zu den Kommissären ab, der seinerseits wieder den Frauen seine Meinung sagte. Sie ließen den Empfang des Schreibens und des Befehls bestätigen und, gaben der Hoffnung ausdruck, man werde sie mit der vorhabenden Religionsverrichtung verschonen und die selbe einstellen, weil das Gut Schnürpflingen ohne Mittel, ein freiadeliges ritterliches Gut sei und jederzeit, wie, jetzt noch zur Ritterschaft zugeteilt, aller Freiheiten fähig, von dem Religionsfriedensvertrag zu Passau und des Reichsabschieds befreit sei und die Witwe Besserin mit ordentlichen Beiständen noch nicht vorstehen könne und der Ehevogt der Frau von Berlichingen auch nicht bei der Stelle sei. Die Antwort der Kommissäre ab er lautete, daß alle diese Umstände von Erzherzog Leopold und Graf Hans Ernst Fugger wohl erwogen und bedacht worden seien. Da die Besserer weder den Passauer Vertrag noch den Rechsabschied zuzunehmen zugelassen haben, so sei festgesetzt, daß die Herrschaften und Obrigkeiten, denen die unmittelbare hohe Obrigkeit zustehe, dieselben auch in Religionssachen zu bestimmen haben und weil die Grafschaft Kirchberg und deren Inhaber über Schnürpflingen die Zivil= und hohe Malefizobrigkeit immediate haben, so werden sich die Kommissäre nicht abhalten lassen, das durchzuführen, was sie den Frauen gestern bekanntgegeben hätten.
Es wird angedeutet, daß sich die Frauen ohne Widiersetzen und gutwillig dazu bequemen und daß sie nicht Ursache geben, etwas zu erwecken, das ihnen hernach schwerfallen möchte, was der Vogt anzeigen und referieren möge.Zu dem ersten Geschäft bei der Ankunft der Kommissäre in Schnürpflingen gehörte, nach dem lutherischen Prediger zu senden, ihn vorzuladen und durch Lutzenberger zu vernehmen. Es wurde ihm befohlen, daß er mit den Seinigen bis morgen 10 Uhr den Pfarrhof und Flecken Schnürpflingen räumen solle, auch weiter mit einigen Untertanen der Religion halber keine, auch nicht die wenigste Gemeinschaft habe, und weder heimlich noch öffentlich verkehren und besonders der Kirch und der Kanzel sich ganz enthalte. Der Prädikant wendete ein, daß er als ein Deiner der beiden Junker bestellt und angenommen sei, wenn er von denselben entlassen werde, wolle er sich fügen. Es wurde ihm aber zu verstehen gegeben, daß er hiemit kraft gnädigsten Befehl abgeschafft sei und dass zu anderem nicht Anlaß gebe. Auf seine weitere Einwendung dass es ihm unmöglich sei, sobald mit leerer Hand abzuziehen, weil er mit den Heiligen und mit dem Junker abzureuhnen habe, wurde ihm kurzweg befohlen zu gehorchen. Beim Heiligen oder von des Heiligen wegen gestand man ihm keine Schuldforderung zu und wenn der Junker ihm etwas schuldig sei, werde er schon wissen, wo er sein Guthaben zu suchen und zu finden habe.
Unterdessen hatten sich die Kommissäre auch bei den beiden Frauen anmelden lassen. Die Witwe Besserer ließ sich entschuldigen, dass sie nicht wohlauf und sich im Bett befinde und ließ zugleich sagen, daß sie ihren bereits erwähnten Vogt zu den Kommissären, wohin es dieselben belieben werde, abordnen wollen. Die Frau von Berlichingen aber stellte es anheim, zu ihr ins Schloß zu kommen oder sie wolle zu den Herren ins Wirtshaus, wo der Notar anwesend war, gehen. Die ganze Kommission begab sich aber in den oberen Schloßhof, wo im Namen der Witwe Besserer auch der Vogt sich eingefunden hatte. Die Kommissäre erinnerten nachmals an das Ankündigungs = und Untersuchungsschreiben und die Notwendigkeit, daß den Untertanen befohlen werde, sich zur Änhörung der erzfürstlichen Befehle einzustellen. Sollte dies aber wider Verhoffen nicht geschehen, so müsse man sich anderer Mittel bedienen, wozu es aber die Frauen nicht werden kommen lassen.. Nach Entfernung der Kommissäre fand eine Unterredung zwischen dem Prediger, dem Vogt und der Frau van Besserer statt, die nochmals versicherte, daß sie auch dem Schultheißen anbefohlen habe, daß die Untertanen sich gehorsam einstellen. Im übrigen wisse sie die Untertanen in dieser als einer Gewissenssache nich " zu nötigen noch zu zwingen,“ sondern einen jeden glauben, was er in seinem Gewissen getraue zu verantworten. Auch die Kirchensachen, Ornate und Paramente, Dokumente und Register sollten den Kommissären ausgeliefert werden, damit man wisse, was zur Kirche und zur Pfarrei gehöre. Darauf antwortete die Frau van Berlichingen, daß zwar einige Sachen in der Hauskapelle aufbewahrt werden, sie wisse aber nicht, was es sei und sie könnte nicht dazu, weil ihr Junker die Schlüssel dazu habe, man wolle bis zu seiner Ankunft zuwarten. Von Schriften und Registern wisse sie ebenfalls nichts, als was in der Heiligenbüchse zu finden sei. Es wurde befohlen, nichts zurückzuhalten oder zu verschlagen; es seien Kaufbriefe vorhanden, daß das
Gut Schnürpflingen samt dem großen Zehnten vor vielen Jahren (1435) verkauft worden sei. Die beiden Frauen wurden nochmals erinnert, die Untertanen zum Besuch des Gottesdienstes und Anhörung der Messe und Predigt andauernd weder abzuhalten noch abzumahnen. Darauf antwortete sie nachmals, „sie lasse einen jeden glauben, was er getraue zu verantworten, könne diesfalls niemand zwingen."
Bis die Untertanen zusammenkamen, hatte man eine Stunde und noch länger warten müssen und die Kommissäre meinten, daß sich auch die Weiber einstellen sollten. Allein ungefähr um 9 Uhr erschienen nur die Mannspersonen allein und in ziemlich großer Anzahl. Auf dem Kirchhof hielten ihnen die Kommissäre Vortrag und verlasen das Wiederherstellungsinstrument. Sowenig es den vorherigen Inhabern von Schnürpflingen, den Besserern, zugestanden sei, die "Reformation und die Veränderung der alten wahren katholischen Religion und die Einführung des lutherischen Irrtums" zu bewerkstelligen, sowenig habe es dem unlängst verstorbenen Eitel Jeronimus Besserer gebührt, der beabsichtigten Abschaffung der lutherischen Sekte und Wiederaufrichtung der alten, wahren Religion de facto und mit Trotz sich zu widersetzen. Auf Betreiben des Bischofs Johann von Konstanz habe Erzherzog Leopold von Österreich dem Grafen Hans Ernst Fugger, Graf zu Kirchberg und Weißenhorn, als rechtmäßigen Administratoren der Grafschaft Kirchberg befohlen, den lutherischen Prädikanten alsbald ab = und hinwegzusetzen und statt dessen einen exemplarischen Priester einzusetzen und die Untertanen zum gebührlichen Gehorsam gegen denselben, soviel die Religion betriff t, zu erinnern und anzuhalten.
Sie, die Kommissäre, haben sich nun hierher begeben, das Vorhaben der Religionsreformation sowohl den Gerichtsherrschaften als auch den gesamten Untertanen bekannt zugeben und sie zu ermahnen dem präsentierten Pfarrer, den sie vorstellen werden, in allen Kirchenglaubenssachen gebührenden Respekt und Gehorsam zu erzeigen und etwaigen Zweifel ihm zu offenbaren. Er werde ihnen in allem zur Zufriedenheit begegnen, daß sie schließlich mit Händen greifen können, wie übel sie und ihre Voreltern von den sektischen Lehrern und Prädikanten verleitet und verführt worden seien und Gott danken, daß sie aus solchem Irrtum so väterlich erlöst und zu dem wahren alleinseligmachenden Glauben wieder bekehrt und gebracht worden seien. Da zum glücklichen Eingang und Anfang ein Lobamt "der Hl. Meß und predig" gehalten werden solle, so werden sie sich samt und sonders zur Anhörung derselben gehorsam in der Kirche einstellen und so jederzeit sowohl an Sonn= und Feiertagen, als auch sonst, wenn der Pfarrer einen Gottesdienst dem neuen Kalender nach anstellen, und halten werde, demselben mit gebührlichem Eifer und Adacht beiwohnen. Bei Vermeidung erstlicher Strafe solle keiner sich anmaßen, an anderen sektischen Orten unkatholischem Religionsexerzitio weiter Verpflichtung zu machen oder beizuwohnen und wer dabei betreten werde, solle derart bestraft werden, daß" sich dessen weiter Keiner gelüsten zu lassen, auch andere derab zu erspiegeln " haben sollen.
Da die Kommissäre den lutherischen Prediger ab = und hinweggeschafft haben, so stellen sie im Namen des Bischofs Johann von Konstanz den Pfarrkindern von Schnürpflingen Michael Hörlin als Pfarrer und Seelsorger persönlich vor mit der Mahnung, ihm in Religion und geistlichen Sachen schuldigen Gehorsam und Respekt zu erweisen und wünschen ihnen allerseits den Segen Gottes, auch viel Glück und Heil.
Nach dieser Präsentation wurde von dem Dekan des Kapitels Laupheim, Jacob Abbt, Pfarrer in Rißtissen, die Predigt gehalten, worauf von Michael Hörlin das Amt gehalten wurde, dem die Untertanen in ziemlicher Anzahl beiwohnten. Im Pfarrhof, "im andern oberen Stock". wurde hernach Hörlin eingesetzt und ihm befohlen, sowohl den Pfarrhof als auch die pfarrlichen Rechte und Gerechtigkeiten fleißig zu handhaben. Dem lutherischen Prediger aber wurde nochmals nahegelegt, den Pfarrhof und Flecken Schnürpflingen in bezeichneter Zeit mit den Seinigen zu verlassen und in Religionssachen mit den Untertanen nicht mehr zu verkehren. Er beschwerte sich aber über den kurzen Termin und, verlangt Aufschub bis kommenden Samstagabend. Es wurde ihm aber zuerst rundweg abgeschlagen und erst auf Bitten der Frau von Berlichingen ihm der Abzug auf Sonntagabend oder Dienstag früh schließlich verlängert. Die Kommissäre begaben sich hierauf wieder nach Kirchberg zurück.
Wie lange diese durchgeführte Restitution anhielt, ist nicht genau zu bestimmen, Nur soviel ist sicher, daß infolge großen Opposition der Verwandten der Frau Amalia Besserer in Ulm und des Hieronymus Christoph von Berlichingen der erste katholische Pfarrer sich nicht lange halten konnte und von den Schweden
vertrieben wurde. Der Flecken Schnürpflingen selber blieb vielmehr bis zum Jahre 1656 lutherisch Erst dem Grafen Albert ´Fugger von Kirchberg, Sohn des Johann Ernst Fugger, war es vorbehalten nicht aus Anhänglichkeit an zeitlice Güter, sondern aus Eifer für die Religion", das alte Bekenntnis in Schnürpflingen auf radikalere Weise, als sein Vater es getan, wiederherzustellen.
Der Hofkanzler Baron Girardi war ihm dazu sehr behilflich und durch ihn erreichte er auch im Jahre 1656 vom Erzherzog Ferdinand Erlaubnis und Vollmacht, Schnürpflingen zu reformieren.
Er besorgte alsdann die Veröffentlichung des Mandats in Schnürpflingen und die einzelnen Einwohner mußten entweder verkaufen, und auswandern, oder sich zum römisch- katholischen Glauben bekennen.
Denjenigen aber, die nicht verkaufen konnten oder wollten,. wurde von Graf Albert ein gerechter Preis geboten, dann wurden sie, welche nicht freiwillig gehen wollten, mit Gewalt vertrieben; alten und kranken Personen wurde erlaubt bis zu ihrem Tode zu bleiben. Wunderbar sei es, wie die Überlieferung bezeuge, daß alle ohne Ausnahme auswanderten und nicht einer gefunden wurde, der aus Liebe zu seiner Habe die wahre Religion angenommen und behalten hätte. Die Emigranten aus Schnürpflingen ließen sich in verschiedenen Nachbarorten und Landesteilen nieder. Sicher ist, daß zu Oberholzheim und Ehingen verschiedenen Schnürpflinger Auswanderer gestorben sind. Dem Grafen Albert Fugger wäre es lieber gewesen, wenn bei dem Mangel an Menschen und Einwohnern die Leute nach Lossagung von der Häresie geblieben und nicht ausgewandert wären.
Nach Vertreibung der hartnäckigen Pfarrkinder lutherischen Bekenntnisses
war bisher einzig und allein der lutherische Pfarrer da, der gegen dieses Vorgehen energisch protestierte und sich mit Händen und Füßen wehrte, die Kirchenschlüssel herauszugeben.
Endlich habe er dem Pfarrhaus und der Kirche den Rücken gekehrt und sei nach Ulm gegangen. Dann seien Leitern an den Fenstern angelegt und die Kirchenschlüssel geholt und der „wahre Diener Jesu Christi, ein Priester" eingeführt worden. der bisherige lutherische Pfarrer sei dann nach Urspring gegangen und dort zum Mesner gewählt worden, wo er in Abwesenheit des Predigers die Kanzel bestieg und dem Volk, da er Pastor war, das Evangelium auslegte. Er wäre auf eine andere Pfarrei promoviert worden, da er aber zu Schnürpflingen ein Mietling" (tamquam inutilis mercenarius) war, wurde er seiner Stelle beraubt, er mußte Mesner werden..
Durch die Vertreibung der Häretiker erhielt nun Schnürpflingen Einwohner aus verschiedenen Nationen, von der Schweiz, Tirol, Bayern und diese wurden als Untertanen angenommen. Nach der von Albert Fugger in Schnürpflingen durchgeführten Reformation suchte er auch mit allen Kräften Balzheim (Unter Balzheim,O.A.Laupheim) zu reformieren, aber da er daran war, starb Baron Girardi zu Innsbruck. Nach dessen Tode aber leisteten die Lutheraner den Bestrebungen des Grafen Albert Fugger heftigen Widerstand und so blieb Balzheim heute wie damals lutherisch. (Aufgeführte Quellen: Pfarrbuch VIII,S.194,192,271,Pfarrbuch III . S.155 ff Archivum Secretarii Vene Capituli Laupheimensis unter Schnürpflingen)

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